gletsch
28.11.2007, 22:16
Nach umfangreichen Recherchen ist es dem deutschen Qualitätsjournalismus gelungen, herauszufinden, dass Skifahren ausserhalb der extra dafür gekennzeichneten und hergerichteten Pisten auch möglich ist. Und nicht nur das, es liess sich sogar feststellen, dass dieses "Wunder" nicht auf den exklusiven Zirkel irgendwelcher "Ski-Profis" beschränkt ist. Unter ganz bestimmten Bedingungen (näheres siehe unten) dürfen sich also auch Leute wie du und ich an das Mysterium "Tiefschnee" heranwagen.
Aus dem Spiegel-online:
Glücksformel Tiefschnee
Der Pulverschnee staubt, das Eis glitzert - und nach der rasanten Abfahrt fällt der Blick befriedigt auf die eigene Spur: Tiefschnee ist das höchste Glück von Ski-Könnern. Im einsamen Kanada gelangen Freaks mit der Pistenkatze zu unberührten Champagnerschnee-Hängen.
Lake Louise - Eine Tiefschneeabfahrt abseits des Pistenrummels beschert Ski-Profis ein Feuerwerk an Glücksgefühlen. Doch ist das für Normal-Skifahrer ein unerreichbarer Traum? Keineswegs, das Tiefschneefahren ist nur eine Frage der Übung.
"Jeder kann Tiefschneefahren lernen", sagt der Skilehrer Bap Koller. Kanada ist die zweite Heimat des Bayern, die Rocky Mountains mit ihren bis zu acht Metern Neuschnee pro Saison sind sein Zuhause. Das sichere Beherrschen des normalen Parallelschwungs auf der Piste reiche als Eintrittskarte aus, erklärt Koller. Wer zudem noch etwas Kondition mitbringt, sei schon gerüstet für das Abenteuer, das in vielen Spielarten wartet: von unpräparierten Varianten-Abfahrten über sogenannte Ski-Touren bis hin zu dem auch in Europa immer populärer werdenden "Cat-Ski" und zum "Heli-Ski".
Über Tiefschneelust oder Tiefschneefrust entscheiden die vier großen Ws: Wie? Mit wem? Womit? und Wo? Ernst Garhammer, mehrfacher Europameister und Weltcupsieger im Freestyleskifahren, bietet in den Alpen Tiefschnee-Camps an. Spezielle Kurse gibt es aber auch in vielen örtlichen Skischulen, etwa am Arlberg.
Im Tiefschnee keine Carver
Das A und O der Tiefschnee-Technik heißt: den Rhythmus halten und Rücklage vermeiden. Wer hinten absitzt, dem brennen nach spätestens zwei Abfahrten die Oberschenkel, und der Tag ist gelaufen. Das Skifahren im Gelände ist ohnehin anstrengend genug. Die richtige Technik ist deshalb ein Muss. "Aber auch der richtige Ski macht vieles leichter", sagt Koller. Die in Europa beliebten Slalom- und Race-Carver sind dabei alles andere als optimal fürs Gelände. Schmal tailliert, bringen sie im tiefen Schnee zu wenig Auftrieb. Mit den fast doppelt so breiten "Powder Fat Skies" wird der Tiefschneeritt für durchschnittlich gute Pistenfahrer aber bald viel einfacher.
Der richtige Ski macht also vieles leichter - aber erst der richtige Schnee macht es perfekt. Und wohl nirgendwo ist der Schnee trockener und damit leichter zu fahren als in Nordamerika. "In den USA und Kanada fährt jeder Skifahrer im Gelände eine Klasse besser als zu Hause", beobachtet Koller. Und da es in der Regel häufiger schneit, gibt es auch mehr Neuschneetage.
Anders als in Europa walzen die Kanadier nicht jede Schneeflocke gleich mit der Pistenraupe platt - in den großen Skigebieten von Alberta und British Columbia wie Lake Louise, Banff-Sunshine, Panorama oder Fernie bleiben neben den bestens präparierten Pisten viele Abfahrten ungespurt. Hinzu kommen viele "Bowls", also naturbelassene Talschüsseln, die zum Skigebiet dazugehören. Von der Bergwacht ständig auf Lawinengefahr hin kontrolliert, werden sie zur sicheren Spielwiese für Tiefschnee-Abenteuer mitten im Skigebiet.
Mit den "Powder Cowboys" auf die Gipfel
Ein noch schöneres Naturerlebnis bieten zum Beispiel die "Powder Cowboys" mit ihrem "Cat-Ski"-Angebot im Südosten British Columbias. Von einer Ranch aus starten sie mit einer "Pistenkatze" mit Fahrgastzelle zu den umliegenden Gipfeln. Von dort gleitet die Gruppe durch Wälder und über offene Hänge ins Tal, wo die Pistenraupe schon für den nächsten Aufstieg wartet. So kommen 8 bis 14 Abfahrten pro Tag zusammen - mitten in der Natur, ohne Hütten und Skitrubel. "Hier gehört uns der Champagne-Powder ganz allein", sagt Ski-Guide Duncan. Das Areal der "Powder Cowboys" ist so groß wie ein durchschnittliches Skigebiet, befahren wird es aber von höchstens 24 Personen pro Tag.
Noch eindrucksvoller ist für viele nur noch das "Heli-Skiing" - auch wenn es wegen der Umweltbelastungen viele Kritiker hat und die Kosten für diese Art des Skifahrens alles andere als gering sind. Zu den Angeboten in Kanada zählt etwa die vom Unternehmen Great Canadian Heli-Skiing zwei Autostunden westlich von Banff angebotene Luxusvariante "Unlimited". Nur vier Gäste fliegen pro Hubschrauber mit, und es gibt kein Höhenmeter-Limit. So sind zwölf Abfahrten und mehr am Tag zu schaffen. Andere Anbieter kassieren nach einer bestimmten Zahl von Flügen dagegen für jeden weiteren Helikoptereinsatz nach.
Erst die Lawinenkunde, dann der Start ins Weiß
"Bei uns weiß der Gast vorher exakt, was er zahlt, und dann soll er ohne Einschränkungen einfach nur genießen können", erklärt Inhaber Greg Porter. "Genießen" ist sein Lieblingswort. Wen wundert's, dass einer seiner Ski-Guides im Sommer Winzer ist. Seine Rotweine gibt es am ersten Abend - zur Beruhigung. Denn wie bei allen "Cat-Ski"- und Heli-Anbietern muss man auch hier erst vertraglich auf alle Ansprüche an den Veranstalter im Falle eines Unfalls verzichten. "Da schimmert der Totenkopf förmlich durchs Papier", scherzt einer der Teilnehmer.
Doch Sicherheit wird in Kanada groß geschrieben. Vor dem ersten Flug geht es wie zuvor beim "Cat-Skiing" erst zum Lawinenkundeseminar mit Suchübungen, dann folgt die Helikopter-Einweisung - und dann erst hebt man ab. Riesige Gletscher, unberührte Tiefschneehänge und die nächsten Orte zum Teil Hunderte Kilometer entfernt - ein Traum in Weiß. Auch Neulinge dürften sich ans "Heli-Skiing" wagen, meint Koller. Ideal sei eine Tour, bei der sich der Gast drei Tage normal im Skigebiet einfährt und dann für zwei Tage in den "Heli" steigt.
Von Bernhard Krieger, dpa
Aus dem Spiegel-online:
Glücksformel Tiefschnee
Der Pulverschnee staubt, das Eis glitzert - und nach der rasanten Abfahrt fällt der Blick befriedigt auf die eigene Spur: Tiefschnee ist das höchste Glück von Ski-Könnern. Im einsamen Kanada gelangen Freaks mit der Pistenkatze zu unberührten Champagnerschnee-Hängen.
Lake Louise - Eine Tiefschneeabfahrt abseits des Pistenrummels beschert Ski-Profis ein Feuerwerk an Glücksgefühlen. Doch ist das für Normal-Skifahrer ein unerreichbarer Traum? Keineswegs, das Tiefschneefahren ist nur eine Frage der Übung.
"Jeder kann Tiefschneefahren lernen", sagt der Skilehrer Bap Koller. Kanada ist die zweite Heimat des Bayern, die Rocky Mountains mit ihren bis zu acht Metern Neuschnee pro Saison sind sein Zuhause. Das sichere Beherrschen des normalen Parallelschwungs auf der Piste reiche als Eintrittskarte aus, erklärt Koller. Wer zudem noch etwas Kondition mitbringt, sei schon gerüstet für das Abenteuer, das in vielen Spielarten wartet: von unpräparierten Varianten-Abfahrten über sogenannte Ski-Touren bis hin zu dem auch in Europa immer populärer werdenden "Cat-Ski" und zum "Heli-Ski".
Über Tiefschneelust oder Tiefschneefrust entscheiden die vier großen Ws: Wie? Mit wem? Womit? und Wo? Ernst Garhammer, mehrfacher Europameister und Weltcupsieger im Freestyleskifahren, bietet in den Alpen Tiefschnee-Camps an. Spezielle Kurse gibt es aber auch in vielen örtlichen Skischulen, etwa am Arlberg.
Im Tiefschnee keine Carver
Das A und O der Tiefschnee-Technik heißt: den Rhythmus halten und Rücklage vermeiden. Wer hinten absitzt, dem brennen nach spätestens zwei Abfahrten die Oberschenkel, und der Tag ist gelaufen. Das Skifahren im Gelände ist ohnehin anstrengend genug. Die richtige Technik ist deshalb ein Muss. "Aber auch der richtige Ski macht vieles leichter", sagt Koller. Die in Europa beliebten Slalom- und Race-Carver sind dabei alles andere als optimal fürs Gelände. Schmal tailliert, bringen sie im tiefen Schnee zu wenig Auftrieb. Mit den fast doppelt so breiten "Powder Fat Skies" wird der Tiefschneeritt für durchschnittlich gute Pistenfahrer aber bald viel einfacher.
Der richtige Ski macht also vieles leichter - aber erst der richtige Schnee macht es perfekt. Und wohl nirgendwo ist der Schnee trockener und damit leichter zu fahren als in Nordamerika. "In den USA und Kanada fährt jeder Skifahrer im Gelände eine Klasse besser als zu Hause", beobachtet Koller. Und da es in der Regel häufiger schneit, gibt es auch mehr Neuschneetage.
Anders als in Europa walzen die Kanadier nicht jede Schneeflocke gleich mit der Pistenraupe platt - in den großen Skigebieten von Alberta und British Columbia wie Lake Louise, Banff-Sunshine, Panorama oder Fernie bleiben neben den bestens präparierten Pisten viele Abfahrten ungespurt. Hinzu kommen viele "Bowls", also naturbelassene Talschüsseln, die zum Skigebiet dazugehören. Von der Bergwacht ständig auf Lawinengefahr hin kontrolliert, werden sie zur sicheren Spielwiese für Tiefschnee-Abenteuer mitten im Skigebiet.
Mit den "Powder Cowboys" auf die Gipfel
Ein noch schöneres Naturerlebnis bieten zum Beispiel die "Powder Cowboys" mit ihrem "Cat-Ski"-Angebot im Südosten British Columbias. Von einer Ranch aus starten sie mit einer "Pistenkatze" mit Fahrgastzelle zu den umliegenden Gipfeln. Von dort gleitet die Gruppe durch Wälder und über offene Hänge ins Tal, wo die Pistenraupe schon für den nächsten Aufstieg wartet. So kommen 8 bis 14 Abfahrten pro Tag zusammen - mitten in der Natur, ohne Hütten und Skitrubel. "Hier gehört uns der Champagne-Powder ganz allein", sagt Ski-Guide Duncan. Das Areal der "Powder Cowboys" ist so groß wie ein durchschnittliches Skigebiet, befahren wird es aber von höchstens 24 Personen pro Tag.
Noch eindrucksvoller ist für viele nur noch das "Heli-Skiing" - auch wenn es wegen der Umweltbelastungen viele Kritiker hat und die Kosten für diese Art des Skifahrens alles andere als gering sind. Zu den Angeboten in Kanada zählt etwa die vom Unternehmen Great Canadian Heli-Skiing zwei Autostunden westlich von Banff angebotene Luxusvariante "Unlimited". Nur vier Gäste fliegen pro Hubschrauber mit, und es gibt kein Höhenmeter-Limit. So sind zwölf Abfahrten und mehr am Tag zu schaffen. Andere Anbieter kassieren nach einer bestimmten Zahl von Flügen dagegen für jeden weiteren Helikoptereinsatz nach.
Erst die Lawinenkunde, dann der Start ins Weiß
"Bei uns weiß der Gast vorher exakt, was er zahlt, und dann soll er ohne Einschränkungen einfach nur genießen können", erklärt Inhaber Greg Porter. "Genießen" ist sein Lieblingswort. Wen wundert's, dass einer seiner Ski-Guides im Sommer Winzer ist. Seine Rotweine gibt es am ersten Abend - zur Beruhigung. Denn wie bei allen "Cat-Ski"- und Heli-Anbietern muss man auch hier erst vertraglich auf alle Ansprüche an den Veranstalter im Falle eines Unfalls verzichten. "Da schimmert der Totenkopf förmlich durchs Papier", scherzt einer der Teilnehmer.
Doch Sicherheit wird in Kanada groß geschrieben. Vor dem ersten Flug geht es wie zuvor beim "Cat-Skiing" erst zum Lawinenkundeseminar mit Suchübungen, dann folgt die Helikopter-Einweisung - und dann erst hebt man ab. Riesige Gletscher, unberührte Tiefschneehänge und die nächsten Orte zum Teil Hunderte Kilometer entfernt - ein Traum in Weiß. Auch Neulinge dürften sich ans "Heli-Skiing" wagen, meint Koller. Ideal sei eine Tour, bei der sich der Gast drei Tage normal im Skigebiet einfährt und dann für zwei Tage in den "Heli" steigt.
Von Bernhard Krieger, dpa